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Sozialversicherungspflicht bei Gesellschafter-Geschäftsführern
Das Bundessozialgericht hatte im Fall eines GmbH-Geschäftsführer, der zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt war, nach dem Umfang der Kapitalbeteiligung und dem Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft, zu entscheiden, ob von einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit auszugehen ist.
Im konkreten Fall war die Klägerin eine GmbH, deren Gesellschafter eine Holding-GmbH mit Anteilen in Höhe von 50 % und zwei natürliche Personen mit Anteilen in Höhe von jeweils 25% waren. Der Beigeladene war Geschäftsführer der Klägerin und zudem Gesellschafter der Holding-GmbH. Die andere Hälfte der Geschäftsanteile an der Holding-GmbH hielt seine Ehefrau. Der Beigeladene und seine Ehefrau waren jeweils als alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Holding-GmbH bestellt.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung eine Versicherungspflicht des Beigeladenen aufgrund einer Beschäftigung fest. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht wies die Berufung der Klägerin zurück. Der Beigeladene sei kein Gesellschafter der Klägerin gewesen, weswegen ihm die Stellung als Gesellschafter-Geschäftsführer der Holding-GmbH eine die Beschäftigung bei der Klägerin ausschließende Rechtsmacht hätte verschaffen müssen. Wegen der Stellung seiner Ehefrau als weitere gleichberechtigte Gesellschafterin-Geschäftsführerin der Holding-GmbH mit einer Beteiligung in Höhe von 50% sei er jedoch nicht jederzeit in der Lage gewesen, einen der Abstimmung durch den anderen Gesellschafter der Klägerin widersprechenden Beschluss der Gesellschafterversammlung der Holding-GmbH herbeizuführen.
Die Richter des Bundessozialgerichts haben die Revision der Klägerin nachfolgender Begründung zurückgewiesen:
- Anhaltspunkte für eine der Sozialversicherungspflicht unterliegenden Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist.
- Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft das wesentliche Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit.
- Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig Beschäftigter angesehen zu werden, über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der zumindest 50 % der Anteile am Stammkapital hält.
- Der selbständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss in der Lage sein, einen maßgeblichen Einfluss auf alle Gesellschafterbeschlüsse auszuüben und dadurch die Ausrichtung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens umfassend mitbestimmen zu können. Ohne diese Mitbestimmungsmöglichkeit ist ein Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer nicht im “eigenen” Unternehmen tätig, sondern in weisungsgebundener, funktionsgerecht dienender Weise in die GmbH als seine Arbeitgeberin eingegliedert.
- Nach diesen Kriterien war der Beigeladene als Geschäftsführer der klagenden GmbH beschäftigt. Er war an deren Stammkapital nicht beteiligt.
- Der Beigeladene verfügte auch als Gesellschafter-Geschäftsführer der Holding-GmbH nicht über eine hinreichende, die Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht.
- Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich die einem Geschäftsführer einer GmbH zukommende Rechtsmacht zwar nicht nur aus einer Gesellschafterstellung innerhalb derselben GmbH, sondern darüber hinaus aus der Beteiligung am Stammkapital einer anderen Gesellschaft ergeben.
- Dem Beigeladenen fehlt aber auch diese Rechtsmacht, weil seine Ehefrau gleichberechtigte Gesellschafterin-Geschäftsführerin der Holding-GmbH ist.
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Quelle: Urteil des BSG v. 20.2.24 (Az. B 12 KR 1/22 R)